|
Thüringer Krieger aus dem Tal der Ahnen
Das Grab eines Kriegers, der um 480 mit reichen Beigaben bestattet wurde, gehört zu den bedeutenden Funden aus der Zeit des Thüringer Königreiches. Vor einem Jahr wurde es bei Leubingen entdeckt. Die vorläufigen Ergebnisse der Grabung werden ab der kommenden Woche in einer Ausstellung in Sömmerda präsentiert. Ein zweites Grab hielt eine Überraschung parat.
ls Archäologen vor etwa einem Jahr bei Leubingen auf Spuren aus der Zeit des Thüringer Königreiches (um 460 bis um 531) stießen, sorgte ein auffallend reich bestatteter Mann für besonderes Aufsehen. In seiner Grabkammer lagen ein so prachtvolles wie exotisches Schmuckstück, ein Schwert und ein Schild - Beigaben, die den Mann als hochrangigen Krieger kennzeichneten, der vielleicht sogar mit Attila auf den Katalaunischen Feldern gekämpft hatte. Ein in der Nähe bestatteter vermeintlicher Begleiter des Kriegers sowie Tieropfer schienen seinen hohen Rang noch zu unterstreichen.
Doch wenn die für die Geschichte Mitteldeutschlands bedeutenden Funde nun ab Mittwoch in Sömmerda präsentiert werden, ist von einem "Begleiter" des Adligen nicht mehr die Rede. Denn inzwischen vermuten die Experten, dass es sich bei dem zweiten Grab sogar um einen noch mächtigeren Mann handelte, dem inzwischen auch die in der Nähe bestatteten Tiere - ein Pferd sowie zwei Hunde - zugeordnet werden.
Schwerthiebspuren an Wange und Oberarm legen nahe, dass er durch Gewalt starb. Doch weder diese Tatsache noch sein Status waren zur Zeit der Ausgrabung offensichtlich, denn das Grab war ausgeraubt und zerstört. Die Tat geschah bereits wenige Jahre nach dem Tod und muss nicht unbedingt ein echter Raub gewesen sein, meint Dr. Diethard Walter vom Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie in Weimar, das die Funde seit der Entdeckung einer fächerübergreifenden Untersuchung unterzog. Ihrer Schätze entleerte Gräber seien damals ein verbreitetes Phänomen gewesen. Dabei kann es um die Reichtümer des Toten, aber auch um die Machtsymbole gegangen sein. Vielleicht war es sogar üblich, dass sich die Familie den Besitz nach einer Schamfrist zurückholte.
Eine ganze Reihe von Indizien deutet an, dass die beraubte Grabkammer den mächtigeren unter zwei mächtigen Thüringern beherbergte. "Die wenigen Objekte, die nicht beraubt wurden, sprechen für eine noch edlere Ausstattung", sagt der Archäologe Enrico Paust, der sich mit den Funden aus dem Königreich beschäftigt.
Besitzen etwa die Bronzenieten am Schildbuckel im ersten Grab eine Zinnauflage, fehlt im zweiten Grab zwar das Schild, doch sind einige erhalten gebliebene Nieten mit Silber veredelt. Andere Gegenstände wie eine Gürtelschnalle oder eine Pinzette bestehen aus Bronze, im ersten Grab "nur" aus Eisen. In beiden Gräbern befand sich die Spitze einer Stoßlanze.
Auch liegt das ausgeraubte Grab näher an den bestatteten Tieren, die deshalb wohl eher den zweiten Toten ins Jenseits begleiten sollten, wie es bei hochrangigen Thüringern üblich war. Die Hunde unbekannter Rasse waren von der Größe von Schäferhunden und könnten Jagdhunde gewesen sein. Was das Pferd angeht, muss es sich um eines jener legendären Tiere handeln, für welche die Thüringer über viele Jahrhunderte hinweg berühmt waren.
Pferde waren der Stolz der Thüringer
Wissenschaftlich erforscht hat diese "Pferde mit silbernem Fell" noch niemand. Der Ostgoten-König Theoderich immerhin, der um 510 seine Nichte Amalaberga an den Thüringer König Herminafrid verheiratete und zum Austausch eine Herde der Thüringer Pferde empfing, liefert uns eine Beschreibung: Schnell wie Hirsche seien sie, ausdauernd und zahm, von ansprechendem Aussehen und angenehm im Gebrauch, fand Theoderich und lobte ihren "weichen Gang", der dem Reiter das Gefühl gebe, sich auszuruhen statt anzustrengen.
Zu dieser Zeit waren die bei Leubingen geborgenen, jeweils etwa 1,70 Meter großen Reiter bereits 30 Jahre tot. Doch standen auch diese Thüringer unter dem Einfluss des ostgotischen-hunnischen Donauraums. Davon zeugt der prächtigste Fund aus dem von Räubern ungestörten Grab - die Schnalle des Schwertgurtes. Das Schwert selbst war eine Hiebspatha - ein in Thüringen gebräuchliches zweischneidiges Langschwert, das vermutlich in einer hölzernen, mit Fell ausgekleideten Scheide steckte.
Das Schmuckstück erinnert in der Farbgebung an eine Schnalle, die 1965 bei Oßmannstedt im Grab einer ostgotischen Adligen gefunden wurde. Während der Schmuck der Dame, die ebenfalls in der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts verstarb, durchgängig aus Edelmetall gefertigt war, besteht die Schnalle des Leubinger Kriegers aus einem Eisenkörper, der mit Goldstegen, Goldfolie und einer Silberplatte sowie einem Silberdorn verbunden ist. Die tiefroten Effekte stammen in beiden Fällen von Almandinen, die zu jener Zeit vor allem in Sri Lanka abgebaut wurden.
"Der Materialaufwand des Leubinger Fundes ist geringer, aber der Arbeitsaufwand hochwertiger", sagt Enrico Paust. Abnutzungsspuren im Bügel zeugen davon, dass der Krieger den Schwertgürtel lange Zeit in Gebrauch hatte. Ob die Arbeit direkt aus dem ostgotisch-hunnischen Raum stammt oder hierzulande nachgeahmt wurde, ist bisher nicht bekannt.
Neben dem reichen Schmuck deutet auch die Form der Grabkammer auf hunnische Sitten hin. Denn am Boden weist sie eine Nische in südlicher Richtung auf, in der sich ein typisches Thüringer Gefäß befand - vermutlich mit Speisen für den Weg ins Jenseits gefüllt. Diese Einbuchtung, die außer aus Leubingen bisher nur aus Weimar bekannt war, beweist den kulturellen Einfluss der Hunnen. "Wohin sie auch kamen, stülpten sie den Eliten ihre kulturellen Eigenheiten über", sagt Dr. Diethard Walter.
Die Gefäße machen den Archäologen die Datierung des Grabes einfach. Demnach wurde der Krieger um 480 bestattet. Ob der Tote in der zweiten Grabkammer vor oder nach ihm starb, konnte noch nicht ermittelt werden.
Für den ersten Krieger ist es zumindest rechnerisch möglich, dass er mit Attilas Hunnen ins Feld zog. Als Attila 451 auf den Katalaunischen Feldern in Frankreich gegen die Römer kämpfte, bestand die Hälfte seines Heeres aus fremden Völkern, darunter auch die Thüringer. Der Tote, der über 40 Jahre alt wurde, war zu dieser Zeit ein junger Mann um die 20.
Das Thüringer Königreich bildete sich einige Jahre nach Attilas Rückzug heraus. Zwischen 460 und 531, als die Thüringer an der Unstrut durch die Franken geschlagen wurden, umfasste es weite Teile des heutigen Deutschlands. In den Zeiten der größten Ausdehnung wurde es von drei Brüdern regiert. Als ihre Machtzentren werden die Städte Erfurt, Weimar und Mühlhausen vermutet.
Unterhalb der Könige bildeten die "Adalingi" die höchste Schicht - freie Thüringer mit eigenem Grunderbe. Um solche kann es sich bei den beiden Männern handeln, die dann über die Gegend um Sömmerda geherrscht hätten. Dass sie in Sichtweite des fast 2500 Jahre älteren Leubinger Fürstenhügels siedelten, ist laut Dr. Diethard Walter kein Zufall. Für die Elite der Region hätte die Leubinger Ebene seit der Eisenzeit ein "Tal der Ahnen" dargestellt.
Auf dem Friedhof wurden noch weitere Gräber entdeckt. Eines, ebenfalls zerstört, gehörte einem Krieger von mittlerem Rang, in einem anderen lagen eine Frau und ein etwa zehn Jahre altes Mädchen. Außerdem fanden die Archäologen zwei weitere Pferdeskelette, davon eines ohne Kopf, das andere in 70 Metern Entfernung.
Für Enrico Paust liegt die Bedeutung der Funde darin, dass sie das "Leben und Sterben einer kompletten Hofgemeinschaft" abbilden. Außerdem erweitern sie unser Wissen über das legendenumwobene Thüringer Königreich - dem eine gemeinsame Ausstellung aller bedeutenden Funde zu wünschen wäre.
Die Krieger im Museum
Die Ausstellung "Im Schatten des Leubinger Hügels - Archäologische Entdeckungen an der BAB 71 um Sömmerda" wird offiziell am Mittwoch, dem 9. November, im Sömmerdaer Rathaus eröffnet.
Zu sehen ist sie dienstags, donnerstags (9 bis 18 Uhr), freitags (9 bis 16 Uhr) und sonntags (14 bis 17 Uhr) im Historisch-Technischen Museum ("Dreysehaus", Weißenseer Straße 15, Sömmerda).
Die Ausstellung zeigt neben den Funden aus dem Thüringer Königreich auch Objekte aus dem Umfeld des bronzezeitlichen Leubinger Hügelfürsten, die bei Grabungen in diesem Juni geborgen wurden.
Mit den Grabungen beschäftigt sich auch die MDR-Reportage von Steffi Pelzer-Büssow "Thüringen Spezial: Neues aus dem Thüringer Königreich" (9. November, 21.15 Uhr).
Holger Wetzel / 05.11.11 / TA
Quelle: Thüringer-Allgemeine.de
AUSGRABUNG: Subventiorter Extrem-Buddelplatz mit Aufsicht für GROOOOSSE Kinder.
Besucher
0 Mitglieder und 6 Gäste sind Online |
Forum Statistiken
Das Forum hat 1319
Themen
und
1589
Beiträge.
Heute waren 0 Mitglieder Online: |
Einfach ein eigenes Xobor Forum erstellen |