#1

Frankreich: 2 Milliarden Jahre altes komplexes mehrzelliges Lebewsen entdeckt

in News-Ticker 30.07.2010 04:12
von Ariovist • siehe Natty | 24 Beiträge

Im westafrikanischen Staat Gabun wurden mehr als 250 Fossilien in hervorragendem Zustand entdeckt. Dieser Fund beweist zum ersten Mal die Existenz mehrzelliger Organismen vor 2,1 Milliarden Jahren. Die ältesten bisher gefundenen Fossilien mehrzelliger Lebewesen wurden auf 600 Millionen Jahre vor unserer Zeit datiert. Die kürzlich entdeckten Fossilien, die diverse Formen und Dimensionen aufzeigen, könnten nun die Urgeschichte des Lebens umschreiben. Die Fossilien wurden von einer internationalen und interdisziplinären Forschergruppe um Abderrazak El Albani vom Hydrasa-Labor (CNRS[1]/Universität in Poitiers) gefunden und analysiert

Die Ergebnisse dieser Arbeit waren das Thema in der Fachzeitschrift Nature vom 1. Juli 2010 [2].

© CNRS Photothèque / Kaksonen
Komplexes mehrzelliges Makrofossil aus Gabun

Nach aktuellen Erkenntnissen geht man davon aus, dass sich die ersten Lebewesen vor ungefähr 3,5 Milliarden Jahren entwickelten: es handelt sich dabei hauptsächlich um prokaryotische Organismen – zelluläre Lebewesen, die keinen Zellkern besitzen. Die Vielfältigkeit der Lebewesen hat sich erst nach der Kambrischen Explosion vor rund 540 Millionen Jahren mit der abrupten Erhöhung der Sauerstoff-Konzentration in der Atmosphäre entwickelt. Aber schon davor, im Präkambrium, haben sich Vielzeller entwickelt. Allerdings wissen die Biologen noch sehr wenig über diese Zeit. Sie gehen davon aus, dass sich diese Entwicklung über einen Zeitraum von eineinhalb Milliarden Jahren mehrfach vollzog, sich evolutionär aber nicht durchsetzen konnte.

Abderrazak El Albani und seine Kollegen stießen 2008 eher zufällig auf diese 2 Milliarden Jahre alten, im schwarzen Schiefergestein im Südosten von Gabun lagernden, sehr gut erhaltenen Fossilien. Von den 250 in der Nähe der Stadt Franceville gefundenen Fossilien wurden bereits 100 detailliert analysiert. Die Fossilien sind zwischen 10 und 12 Zentimetern lang und lebten in Kolonien – mehr als 40 Exemplare pro halben Quadratmeter.

Analysen der Schwefelisotope ließen darauf schließen, dass der Kohlenstoff des fossilen Gewebes durch biologische Prozesse entstanden sein muss. Das Mineral Pyrit, das den Organismus ersetzt hat, wurde durch Bakterien gebildet, die sich eher von Sulfaten als von Sauerstoff ernährten. Die Organismen selbst dürften in flachem Ozeanwasser mit freiem Sauerstoff gelebt haben. Dank eines hoch präzisen dreidimensionalen Scanners (auch Mikrotomograph genannt) konnten die Forscher die Exemplare in 3D nachbilden und die innere Struktur detailliert analysieren, ohne ihre Unversehrtheit zu beeinträchtigen. Die komplexe radiale Struktur wird als Beweis für koordiniertes Wachstum interpretiert.

© CNRS Photothèque / A. El Albani & A. Mazurier
Virtuelle Rekonstruktion der äußeren (links) und inneren (rechts)
Morphologie einer der Fossilien durch Mikrotomographie.

"Ohne ihren geologischen Zusammenhang hätte man die Funde vermutlich ignoriert", schreiben Geowissenschaftler der Universität Bristol in einem "Nature"-Begleitkommentar. "Aufgrund ihres Alters und der Tatsache, dass man sie mit bloßem Auge erkennen kann, sind sie dennoch äußerst bemerkenswert".

Der bislang geschätzte Beginn organisierten vielzelligen Lebens muss durch diesen Fund um 1,5 Milliarden Jahre vordatiert werden. Mehr als nur von Viren und Bakterien war die Erde von Zellen bevölkert, die miteinander kooperierten, um komplexere und größere Einheiten als Einzeller zu bilden. Nun gilt es diese Arbeit weiterzuführen. Dazu gehört: ein besseres Verständnis der Geschichte dieser gabunischen Region, um zu untersuchen, warum die Bedingungen hier für die Entwicklung dieser organisierten komplexen Lebewesen so optimal waren; Untersuchungen, ob dieses Gelände weitere Fossilien beherbergt und ein Vergleich zwischen der Geschichte der Sauerstoffanreicherung der Erde und der Mineralisierung der Lehm- und Tonerde. Oberste Priorität hat jedoch der Schutz dieses außergewöhnlichen Orts.

[1] CNRS: französisches Zentrum für wissenschaftliche Forschung

[2] "Large colonial organisms with coordinated growth in oxygenated environments"- El Albani, Bengtson, Canfield, Bekker, Macchiarelli, Mazurier, Hammarlund, Boulvais, Dupuy, Fontaine, Fürsich, Gauthier-Lafaye, Janvier, Javaux, Ossa Ossa, Pierson-Wickmann, Riboulleau, Sardini, Vachard, Whitehouse & Meunier – Nature - 01.07.2010


Quelle: http://idw-online.de/pages/de/news380960


Ariovist (Email: ariovist@gmx.net)



Barbarus hic ergo sum, quia non intellegor ulli.

nach oben springen


Besucher
0 Mitglieder und 3 Gäste sind Online

Forum Statistiken
Das Forum hat 1318 Themen und 1588 Beiträge.

Heute waren 0 Mitglieder Online:



Xobor Einfach ein eigenes Xobor Forum erstellen